Part of the Game 2022 | Stefan Lozar

DL.42.16.155#008 aka Parasit  2019, Stahl/Lack 

Eröffnung/Opening am MI, 27.04.2022, 18:00 – 21:00 Uhr

Dauer bis FR, 20.05.2022
Öffnungszeiten: DI – FR, 16:00 – 20:00 Uhr

DL.42.16.155 ist als „Wanderobjekt“ konzipiert, dessen Form sich an seine jeweilige Umgebung anpasst. Die Installation aus Stahlsträngen wird an wechselnden Ausstellungsorten immer wieder neu aufgebaut und in ihren Schlingen und Verzweigungen adaptiert, verändert, ergänzt. Damit strukturiert der künstliche „Parasit“ den vorgefundenen Raum, den er „befällt“ – ob eine Kuhweide oder eine Galerie – materiell und semantisch neu: Ein Spiel mit dem „negativen Raum“, der mit dem Objekt interagierenden Umwelt, Systemzuständen und der invasiven und bedeutungserzeugenden Art des Menschen entsteht.

Mit dem Aliasnamen behauptet Stefan Lozar (anfangs in Kooperation mit Georg Dinstl) selbst eine Analogie zwischen dem Verhältnis Mensch/Planet Erde sowie Parasit/Wirt: Der Parasit ist vom Wirt abhängig, beutet ihn aber zugleich aus. Im Idealfall kommt es zu einer Koevolution, wo der Parasit seinen Wirt nur so weit beeinflusst, dass beide (über-)leben und sich aneinander entwickeln können; denn der Parasit ist ein „Agens der Evolution“, der diese erst ermöglicht. Mit der kulturellen Evolution des Menschen entscheidet nicht mehr der Lauf der Dinge allein über sein eigenes Fortleben sowie die Entwicklung des Planeten, sondern auch sein bewusstes Handeln, das in eine utopische oder dystopische Richtung weisen kann – genauso wie das Bild des Parasiten zwischen bedrohlich-fremdem Außen („Alien“), von innen kommend, positiver Veränderung und Widerstand changiert. „Das Schlechte ist nicht das Gegenteil des Guten. Es ist sein supplementärer Parasit“ (Derrida: Die Signatur aushöhlen – eine Theorie des Parasiten).

Bedrohliches schwingt in der Metapher des Parasiten jedenfalls mit, deren Verwendung von einem zentralen antisemitischen Steretoyp bis zum „Sozialschmarotzer“ reicht, für Kapitalismus genauso stehen kann wie für Leistungsverweigerung. Aus dem sozialen Bereich kommend (griech. para: ‚neben, mit‘ und sitos: ‚Speise, Getreide‘; der ohne Eigenleistung bei jemandem Mit-Essende), wurde der Begriff im 18. Jahrhundert auf Biologisches reduziert (‚schmarotzendes Lebewesen‘), entwickelte sich jedoch zu einer beliebten Denkfigur für Systeme, Grenzen, Übergänge bis hin zum Hacking, intertextuellen Bezügen oder der Autorinnensetzung als „Parasit der Wirklichkeit“
(Elfriede Jelinek: Das Parasitärdrama).

„Parasitäre Strategien“ (Sabine Fabo, Kunstforum 185) zogen reichlich in Kunst, Medien oder Architektur ein, der Parasit tritt als Kommunikator in Erscheinung: Der ungebetene Gast bringt neue Information, womit er eine Störung erzeugt, noise, ein „Rauschen im Kommunikationskanal“ (Michel Serres: Der Parasit), das ein System zur Neuordnung anregt. Der Parasit ist hier das ausgeschlossene Dritte, das Unentschiedene, das eingeschlossen wird. Die subversive Funktion des kleinen Operators im Inneren oder am Rand kann systemstärkend, also ebenso für den Wirt selbst notwendig werden, der wiederum der Parasit eines anderen Wirts sein kann. Zirkulärer Einfluss bis hin zu Synergien vergegenwärtigen sich an DL.42.16.155, der die stete Abfolge aus Dekonstruktion – Konstruktion des Parasitären ins Sichtbare überführt. Er transformiert sich in jeder Realisierung (diesmal ist es seine achte) schrittweise selbst, aber auch seine Umgebung in ein neues Akteur-Netzwerk (Bruno Latour: On actor-network theory).

Silvia Stecher

 

 

 

Eröffnung/Opening am MI, 13.04.2022, 18:00 - 21:00 Uhr

Dauer bis FR, 06.05.2022
Öffnungszeiten: DI – FR, 16:00 - 20:00 Uhr

Kunsthalle Graz

Adresse:
A-8010 Graz, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 42 a

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Freitag: 16.00 bis 20.00 Uhr
An Sonn- und Feiertag geschlossen.

[email protected]

Tel.: +43 660 340 1747
Tel.: +43 681 102 19 172

ZVR-045765930

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